Schwarzwaldwoelfin
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Der Unfall

Das erste, was ich tat ... ich zog los und kaufte Ginger ein Körbchen. Sie nahm es sofort gerne an und hatte ab diesem Zeitpunkt eine richtige, feste Heimat. Oft nannte ich sie "Körbchenschmuser", weil sie so gerne darin lag.

Ginger´s Geschichte klingt wie ein Abenteuerroman.

 

Sie wurde eines Tages auf der Internetseite vom Tierheim Karlsruhe-Daxlanden von meinem Sohn entdeckt.

Er sah sie, verliebte sich in sie und wollte sie.

Zusammen mit seiner damaligen Freundin Laura fuhr er ins Tierheim, um dort enttäuscht feststellen zu müssen, dass Ginger bereits reserviert war.

 

So suchten die beiden weiter, fuhren in dieses und in jenes Tierheim, aber nirgendwo war ein Hund, der meinem Sohn gefiel. Er gab die Suche auf und ließ das Thema ruhen.

Wenige Wochen später rief er mich Samstag morgens an, um mich zu fragen, ob ich Lust hätte, mitzukommen. Sie würden nochmal nach Daxlanden fahren, um zu schauen, ob neue Hunde angekommen seien.

Ich hatte aber keine Zeit und so zogen die beiden alleine los.

 

Es ging keine halbe Stunde vorbei, als mein Handy läutete. Mein Sohn war ganz aufgeregt am anderen Ende der Leitung und teilte mir mit, dass SEINE Ginger wieder da sei. Man hätte sie wieder zurückgebracht. Ich fragte nach dem Grund und er erzählte, dass sie wohl "unsauber" sei und in ihre Geschäfte in der Wohnung verrichtete.

Er wollte wissen, was ich dazu meinte und ob man das hinkriegen würde.

Ich gab ihm zu verstehen, dass ich das so nicht beantworten könne, weil ich den Hund erst sehen müsse und sagte ihm, er solle fragen, ob er Ginger von Freitag bis Sonntag mal mit nach Hause nehmen dürfe.

Das Tierheim ging darauf ein und so hielt Ginger Einzug bei meinem Sohn.

 

Oh ja ... sie machte ihr Geschäft in die Wohnung. Groß und klein ... da gab es keine Ausnahme.

Ich wies meinen Sohn darauf hin, dass er auf gar keinen Fall mit ihr schimpfen dürfe und sie immer nur danach an die Leine nehmen und mit ihr rausgehen solle. So machte er es auch.

Sonntags fuhr ich morgens zu ihm und wir gingen zusammen mit Ginger spazieren. Wir kamen an einen Bolzplatz, auf dem ein Mann mit einem Welpen war. Ich beobachtete Ginger und hatte das Gefühl, dass sie mit dem Welpen spielen wolle und bat meinen Sohn, ihr mal die Leine abzunehmen. Zunächst traute er sich nicht - wir wußte ja nicht, wie sie reagieren würde. Doch gab er dem nach und Ginger spielte sofort mit dem Junghund. Plötzlich rannte sie auf einen angrenzenden Acker und verrichtete dort ihr Geschäft ... das war der Anfang.

 

Mein Sohn entschied sich noch an diesem Sonntag für Ginger und dass er sie auf jeden Fall behalten würde - ganz abgesehen davon, ob sie sauber war oder nicht. Zwar kam es hin und wieder nochmal vor, dass sie ein Häufchen hinterließ, doch binnen einer guten Woche hatte sich das Thema erledigt und trat nur nochmal auf, wenn sie sich zu lange alleine gelassen fühlte.

 

Nun also war Ginger Teil unserer Familie und die beiden kümmerten sich liebevoll um sie.

Unter der Woche war sie bei ihnen und am Wochenende durfte sie immer eine Nacht bei mir bleiben, da ich sie sonntags stets mit zum wandern nahm. Bei Ginger schlug der Windhund durch uns sie lebte regelrecht auf, wenn sie sich ausrennen konnte. Von morgens bis abends mit mir im Schwarzwald ... das war ihr Leben.

 

So entwickelte sie mehr und mehr Selbstbewußtsein und wurde zu einem richtigen Rabauken, der uns alle in Atem hielt. Es war toll zuzuschauen, wie sie ihr Temperament auslebte und sich so manche Delle einhandelte vor lauter wilder Lebenslust. Und es war mitunter auch teuer, weil sie ständig zum Doc mußte, um diese Dellen wieder zu behandeln :)

 

Im Mai 2008 nahm ich Ginger mit in Urlaub. Wir fuhren ins Allgäu zum wandern, nicht wissend, was uns danach blühen würde. Nach zwei wanderfreudigen, erholsamen Wochen kamen wir samstags zuhause an. Mein Sohn holte seine Hündin ab und sagte mir, dass er morgens zum Frühstücken käme.

Er hatte sich inzwischen von Laura getrennt, aber die beiden sahen sich trotzdem noch regelmäßig und Laura kümmerte sich auch weiterhin mit um Ginger.

Laura war mit Leib und Seele Reiterin und mußte an diesem Sonntagmorgen ein Turnier reiten.

Samstagabend telefonierte sie noch mit meinem Sohn und sagte, dass sie keine Lust hätte - was bei ihr nie der Fall war. Es sollte das letzte sein, was mein Sohn aus ihrem Mund hörte.

 

Sonntagmorgen ... wir wollten gerade frühstücken ... klingelte das Handy meines Sohnes.

Lauras Bruder war in der Leitung und weinte. Er bat meinen Sohn, dass er ins Krankenhaus kommen möge, weil Laura einen Unfall hatte. Mein Sohn wurde kreidebleich und sagte nur, dass er gleich losfahren müsse, denn es könne sich nur um etwas Schlimmes handeln, weil der Bruder von Laura noch nie geweint hätte.

 

Eine Stunde später erhielt ich eine der schlimmsten sms meines Lebens ... Laura hatte im wundervollen Alter von 17 Jahren diese Welt verlassen.

 

An die Zeit danach kann ich mich nicht mehr wirklich erinnern.

Ich versuchte mit meinen Gedanken klar zu werden, versuchte den Hund zu versorgen und gleichzeitig auf meinen Sohn aufzupassen.

 

Irgendwann aber nahm ich ihn dann zur Seite und sagte, dass wir uns überlegen sollten, was mit Ginger geschehen soll, denn so könne es nicht weitergehen. Sie wußte nicht mehr, wohin sie gehörte. Die Entscheidung war dann die, dass sie bei mir leben und mein Sohn sie ein Mal täglich für eine große Gassirunde holen würde.

 

Die Zeit heilt Wunden. Und so wurde nach und nach auch unser aller Leben wieder ruhiger.

Ginger nahm ihr neues Zuhause sofort an und fühlte sich wohl. Ich bemühte mich, dem Hund alles zu geben, was sie so gerne hatte ... Auslauf, Freiheit und Toben und Bauchkraulis.

Oft war ich mit ihr stunden- oder tagelang unterwegs. Ginger war überall dabei, im Urlaub, in Restaurants, bei Besuchen ... sie war völlig unkompliziert und umgarnte jeden mit ihrem Charme.

 

Bis zu dem Tag, an dem sie weglief ...

 

So sah Ginger aus, als sie in unsere Familie kam. Gerade mal 18 Monate war sie alt und noch voller Neugier. Nicht nur Schuhe lagen in Fetzen, auch Türrahmen und Tischplatten bekamen ihre Beißerchen ab.