Schwarzwaldwoelfin
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Geliebte Ginger

Die Tragödie

Über Ginger zu schreiben, fällt mir sehr schwer, denn sie ist immer noch eine offene Wunde, obwohl sie nun schon nahezu 1,5 Jahre nicht mehr bei uns ist. 

 

Ich schreibe "uns", weil Ginger eignentlich nicht mein Hund war, sondern der Hund meines Sohnes.

Die näheren Umstände, warum sie bei mir lebte, schreibe ich gesondert.

 

Ginger war eine überaus ängstliche Labrador-Windhund-Mix-Hündin. Sie war ein Straßenhund, was sie auch in ihrem Verhalten zeigte und lebte. Zwar faßte sie immer mehr Vertrauen und war eine Knutschkugel ohne Ende, was aber immer blieb, war ihre Panik.

Sobald irgendwo ein Schuß fiel oder sie auch nur einen Jäger "roch", setzte sofort der Fluchttrieb ein und sie war weg. Das gleiche Verhalten zeigte sie bei Gewitter, bei Lärm (z.B. Vuvuzelas bei der WM) oder bei Knallern an Silvester.

Nun ... wir gewöhnten uns daran und wußten einfach, dass wenn wir in eine solche Situation gerieten, unser Mädchen weglief und sich entweder zuhause vor der Haustür wiederfand oder vor dem Auto sitzend.

 

Doch dann kam der Tag, an dem sie nie wieder kam. Am 29.07.2010 fuhr mein Sohn mit ihr mittags in den Wald. Es war ein grauer Donnerstag. Dicke Wolken hingen am Himmel. Gegen 14 Uhr rief er mich aufgeregt an und erklärte mir, dass Ginger mal wieder weggelaufen sei, weil ein Gewitter eingesetzt hatte. Sie sei aber nicht am Auto und er fände keine Spur von ihr.

Ich ließ gleich alles stehen und liegen und fuhr von der Arbeit in den Wald. Wir suchten den ganzen Wald ab, legten ihre Decke dorthin, wo das Auto stand und ihr Schmusetier. Ginger blieb verschwunden.

 

Die Freundin meines Sohnes brachte noch ihre Eltern und den Bruder mit und so suchten wir bis es dunkel wurde.

Ich fuhr zwischendurch mal nach Hause, um Tierheime und Polizei zu verständigen. Im TH Rastatt erzählte mir eine Frau aufgeregt, dass sie die Maus gesehen hätte, als sie auf der B36 lief. Sie hielt an und stoppte den Verkehr, um sie einzufangen, doch Ginger lief in Richtung Autobahn davon.

 

In meinem Kopf waren nur noch Horrorbilder ... ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen.

 

Das Schlimmste an allem aber war, dass Ginger ohne jegliches Kennzeichen weggelaufen war. Ginger war nicht gechipt und hatte zu allem Unglück auch keine Erkennungsmarke um, da mein Sohn generell seine eigene Leine benutzte und die Marke an meiner Leine hing.

 

Weitere Tragik in dieser ganzen Geschichte, war, dass mein Sohn am nächsten Tag mit seiner Jugendgruppe ins Zeltlager fuhr und ich so alleine zurückblieb ... dazu mit einem gebrochenen Fuß. Zunächst wollte er das Zeltlager absagen, doch sagte ich ihm, dass er auch nicht mehr tun könne, als ich. Und so fuhr er dann völlig bedrückt und wir telefonierten täglich.

 

Ich weiß heute nicht mehr, wie ich die nächsten Wochen und Monate überhaupt überstanden habe.

Vielleicht hätte ich sie auch nicht - hätte ich nicht so viel und umfassende Hilfe von mitfühlenden Menschen erfahren. Ihnen bin ich so unendlich dankbar, dass sie so wachsam waren und mich aufgebaut und unterstützt haben.

 

Das erste, was wir taten, war alles zu verständigen, was nur möglich war ... Jäger, Förster, Tierheime, Tierschutzvereine, Tierärzte, Tiertaxi, usw.

Als nächstes erstellte ich Plakate mit dem Bild, welches oben von ihr zu sehen ist und hängte diese aus. Insgesamt pinnte ich ca. 1.000 Plakate an und fuhr von Zeit zu Zeit alle Stellen wieder ab, um die zu ergänzen, die nicht mehr hingen.

 

Wochenlang humpelte ich mit meinem Spezialschuh durch die Wälder und als es nicht mehr ging, nahm ich das Fahrrad und fuhr alle Wege ab, fragte jeden, dem ich begegnete und rief und rief und rief. Keine Spur von Ginger.

 

Mein Handy klingelte ständig. Es riefen mich alle möglichen Leute an, die sie gesehen zu haben glaubten.

Bis heute weiß ich nicht, welches davon tatsächlich Ginger war, bin aber zutiefst überzeugt, dass sie gesehen wurde.

Ich fuhr unzählige Male zu Hunden, die man fand und mich anrief, weil man dachte, es handele sich um unsere Maus. Es waren alle Rassen und Sorten dabei. Insgesamt waren es 13 Hunde, die alle wieder nach Hause fanden.

Doch nicht einer davon, war unserer. Aber ich freute mich für jeden, dem ich seinen Vierbeiner wieder zurückbringen konnte.

 

Suchhunde, die wir mit an die Stelle nahmen, an der ich eine Futterstelle errichtet hatte, fanden ihre Spur, doch leider nur die Spur und keinen Hund dazu.

Wir setzten eine Tierkommunikatorin ein, die mir "lachend" am Telefon übermittelte, dass Ginger nicht mehr in ihrem Körper sei und noch in der selben Nacht ihren Verletzungen erlag, die sie durch einen Autounfall davongetragen hatte.

 

Nach dem ersten Schock, in dem eine Welt für mich zusammenbrach, war mein Sohn derjenige, der mich wieder aufrichtete und sagte, dass das doch gar nicht stimmen könnte. Zum Einen gab es nirgendwo in der Umgebung einen gemeldeten solchen Unfall, zum anderen hatten wir die Gewißheit der Spürhunde.

 

Also suchte ich weiter.

 

Einige Wochen später setzte ich weitere Tierkommunikatorinnen auf den Fall an, nachdem ich selbst versuchte, Kontakt mit ihr herzustellen. Sie alle sagten mir das gleiche, was auch ich empfing ... Ginger war nicht zu bewegen zu reden und auch nicht, nach Hause zu kommen. Sie lebte wieder ihr altes Leben, das ihr vertraut war ... im Wald ... an einem dunklen Platz. Und so konnte ich nicht mehr viel tun, außer ihr immer und immer wieder Liebe zu schicken und Signale, wo ich Futter für sie ausgelegt hatte.

 

An einem Platz, an dem sie nach einer TK-Vermittlung gesehen wurde, hatte ich lange Zeit einen Futterplatz. Jeden Morgen vor der Arbeit und jeden Abend danach fuhr ich dorthin, um die Stelle zu kontrollieren und tatsächlich fehlte auch stets das Futter und die Knochen, die ich ihr hinlegte. Die Hoffnung war riesig. Ich kam zu spät zur Arbeit, weil ich Spuren fand, als es so stark geschneit hatte, und ich den Spuren nachging. Vergeblich !

Eines Morgens aber - es war ein bitterkalter Tag - ertappte ich einen anderen Hund dort und gab dann im Februar 2011 die Suche nach ihr auf.

 

Ich war an dem Punkt, an dem ich alles losließ und anerkannte, dass ich nichts mehr für sie tun konnte.

 

Ginger, meine Rübe, ist bis heute verschwunden und das Schlimmste ist, nicht zu wissen, was tatsächlich mit ihr geschehen ist.

Gründe für ihr Verschwinden gibt es - aus heutiger Sicht - sehr viele für mich. Welcher davon letztendlich der wahre ist, weiß nur der Große Geist allein. Er allein hat seine Gründe für dieses Ereignis.

 

Alles, was mir möglich war ... wirklich alles ... habe ich getan, um mein Mädchen wieder nach Hause holen zu können. Es gab nichts, was ich nicht versucht hätte und keine Mühe habe ich gescheut. Doch gibt es etwas das größer ist als jeder eigene Wille.

 

Ginger hatte kein leichtes Leben. Ihr Leben war voll mit Veränderungen und Verlusten (sh. unter "wie Ginger zu mir fand"). Es tut mir sehr weh, dass ich nicht mehr für sie tun konnte. Die Liebe zu ihr bleibt in meinem Herzen und wird sie begleiten, wo immer sie auch ist.

 

Ginger, ich danke Dir für alles, was Du auf Dich genommen hast, um mir meinen Weg zu weisen.

Ich weiß, dass Du all das nicht umsonst getan hast und ich eine ganz große Lektion daraus ziehen sollte.

Sei sicher - diese Lektion ist bei mir angekommen. Ich habe unendlich viel durch Dich gelernt und einen Riesenschritt in meiner eigenen Entwicklung gemacht. Danke, meine liebe Rübe.

 

Und danke auch, dass Elvis durch die Suche nach Dir, den Weg zu uns gefunden hat.

Er wäre sonst wahrscheinlich heute nicht mehr hier.